Ein Anruf aus der Wüste, eine WhatsApp-Nachricht mitten im Atlantik oder Internetzugang auf dem Mount Everest – ohne WLAN, ohne Satellitentelefon, einfach mit dem eigenen Smartphone. Klingt wie Science-Fiction? AST SpaceMobile macht genau das möglich. Das US-Unternehmen arbeitet an einer Technologie, die herkömmliche Mobiltelefone direkt mit Satelliten im All verbindet – ganz ohne zusätzliche Hardware. 2025 steht die mobile Kommunikation an der Schwelle zu einer neuen Ära.

Wer ist AST SpaceMobile?

AST SpaceMobile (NASDAQ: ASTS) ist ein in Texas ansässiges Raumfahrt- und Telekommunikationsunternehmen, das eine satellitengestützte Mobilfunkinfrastruktur entwickelt. Das Ziel: ein globales, lückenloses Netz für Mobilfunk und Internet – auch dort, wo heute keine Antennen oder Basisstationen stehen. Anders als Starlink oder OneWeb zielt AST SpaceMobile nicht auf Router oder Terminals ab, sondern auf herkömmliche Smartphones.

Gegründet wurde das Unternehmen 2017 von Abel Avellan. Mit strategischen Partnern wie Vodafone, AT&T, Rakuten und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) hat sich ASTS zu einem ernstzunehmenden Player im „NewSpace“-Sektor entwickelt. Das Unternehmen will das erste kommerzielle Satelliten-Mobilfunknetz der Welt aufbauen.

Die Vision: Satelliten als schwimmende Mobilfunkmasten

AST SpaceMobile verfolgt einen revolutionären Ansatz: Anstatt spezielle Satellitentelefone zu nutzen, sollen ganz normale Smartphones sich direkt mit einem Satelliten verbinden können – wie mit einem Mobilfunkmast. Dafür baut das Unternehmen Low-Earth-Orbit (LEO)-Satelliten mit großen, entfaltbaren Antennenfeldern, die Signale mit extrem niedriger Latenz verarbeiten können.

Diese Satelliten agieren als „Base Stations in Space“, also fliegende Mobilfunkmasten in rund 700 Kilometern Höhe. Das System ist 4G- und 5G-kompatibel, sodass bestehende Mobilfunkinfrastruktur nahtlos integriert werden kann. Sobald ein Smartphone keine terrestrische Verbindung mehr findet, greift es automatisch auf das Satellitennetz zu – ohne SIM-Wechsel oder App.

Technologie im Detail

1. Phased-Array-Antennen

Herzstück der ASTS-Satelliten sind gigantische, faltbare Phased-Array-Antennen, die bis zu 64 Quadratmeter groß sind. Diese Arrays können Signale elektronisch steuern und auf einzelne Mobiltelefone fokussieren. So ist eine stabile Verbindung auch bei Bewegung des Satelliten möglich.

2. Frequenzen und Standards

AST SpaceMobile nutzt lizenzierte Frequenzen der Partnernetzwerke (z. B. Vodafone oder AT&T). Dadurch wird das System regulierungskonform und interoperabel. Während Starlink auf eigene Frequenzen setzt, nutzt ASTS dieselben Spektren wie herkömmliche Mobilfunkanbieter – ein entscheidender Vorteil für die Integration.

3. Datenübertragung und Latenz

Die Satelliten kreisen im erdnahen Orbit (LEO), was die Latenz deutlich reduziert – auf Werte zwischen 40 und 80 Millisekunden. Das ist schnell genug für Voice-over-IP, Chat, GPS-Updates und selbst Videostreaming in mittlerer Qualität. Das Ziel ist, die Erfahrung eines Mobilfunknetzes am Boden zu simulieren.

Pilotprojekte und Partnerschaften

AST SpaceMobile arbeitet mit mehreren großen Telekommunikationsunternehmen zusammen:

  • Vodafone – Testläufe in Afrika und Europa; Ziel: Netzabdeckung in entlegenen Gebieten.
  • AT&T – Zusammenarbeit in den USA mit Fokus auf Notfallkommunikation und ländliche Regionen.
  • Rakuten Mobile – Integration in das 5G-Netz Japans, inklusive IoT-Anwendungen.

2024 führte ASTS mit dem Test-Satelliten BlueWalker 3 erste erfolgreiche Verbindungen zu handelsüblichen Smartphones durch. Dabei gelang der weltweit erste 5G-Anruf direkt von einem Handy über einen Satelliten. Das war ein historischer Meilenstein in der Telekommunikation.

BlueBird-Konstellation: Das Rückgrat des Netzes

Bis 2026 will das Unternehmen über 100 sogenannte BlueBird-Satelliten ins All bringen. Jeder Satellit deckt ein Gebiet von bis zu 700.000 Quadratkilometern ab. Gemeinsam sollen sie eine nahezu globale Abdeckung erreichen – vor allem über Regionen mit schwacher Infrastruktur in Afrika, Asien und Südamerika.

Die BlueBirds sind modular aufgebaut, werden in Texas gefertigt und per SpaceX-Raketen gestartet. Ihre Lebensdauer beträgt etwa fünf Jahre, danach können sie ersetzt oder aktualisiert werden. Die Satelliten sind so konstruiert, dass sie sich am Ende ihrer Laufzeit gezielt in der Erdatmosphäre abbauen – nachhaltig und regelkonform.

ASTS vs. Starlink, Lynk & OneWeb

AST SpaceMobile wird oft mit anderen Satellitenprojekten verglichen, unterscheidet sich aber grundlegend:

Unternehmen Ziel Endgerät Abdeckung
AST SpaceMobile Direkte Verbindung zu Smartphones Normales Handy Global, 4G/5G
Starlink Internet per Satellit Externe Antenne Global, High-Speed
OneWeb Internet für Unternehmen & Regierungen Satellitenmodem Nordhalbkugel
Lynk Global SMS & Notrufe via Satellit Normales Handy Regional (noch in Aufbau)

Damit hat AST SpaceMobile einen klaren USP: Es bringt den Mobilfunk buchstäblich auf die nächste Ebene, ohne neue Hardware oder komplexe Infrastruktur.

Herausforderungen und Grenzen

Trotz aller Euphorie steht das Projekt vor erheblichen Herausforderungen:

  • Regulierung: Frequenzzuweisungen müssen international koordiniert werden.
  • Kosten: Der Aufbau eines globalen Satellitennetzes verschlingt Milliarden. Die Finanzierung erfolgt durch Kapitalerhöhungen und Partnerschaften.
  • Technische Komplexität: Die Synchronisation zwischen Satelliten und Mobilfunknetzen erfordert präzises Timing und enorme Rechenleistung.
  • Optische Störungen: Astronomen kritisieren die große Helligkeit der Satelliten, die am Nachthimmel sichtbar ist.

Vorteile und Chancen

  • Globale Netzabdeckung: Verbindung überall auf der Erde – auch in Wüsten, Gebirgen oder auf See.
  • Katastrophenschutz: Notfallkommunikation bei Ausfällen terrestrischer Netze.
  • IoT-Anwendungen: Maschinen, Fahrzeuge und Sensoren könnten weltweit Daten austauschen.
  • Wirtschaftliches Potenzial: Milliarden neuer Nutzer in Regionen ohne Netzabdeckung.

Gesellschaftliche Auswirkungen

Die Technologie von AST SpaceMobile könnte die digitale Kluft verringern. Rund 2,5 Milliarden Menschen leben heute ohne stabile Internetverbindung. Besonders in Entwicklungsländern könnte der direkte Satellitenzugang Bildung, Wirtschaft und medizinische Versorgung revolutionieren. Gleichzeitig stellt die globale Vernetzung neue Fragen zum Datenschutz, zur Überwachung und zur Netzneutralität.

Ausblick: Das Jahrzehnt der satellitengestützten Kommunikation

AST SpaceMobile steht stellvertretend für eine neue Generation von Weltraumunternehmen, die Kommunikation, Mobilität und Internet verschmelzen. Bis 2030 sollen Millionen Nutzer Zugang zu einem Hybridnetz haben, das nahtlos zwischen Bodenstation und Orbit wechselt. Während Starlink und OneWeb auf Bandbreite setzen, zielt ASTS auf **Erreichbarkeit** – eine andere, aber ebenso transformative Dimension.

Wenn alles nach Plan läuft, könnte 2026 der kommerzielle Rollout starten. Die ersten Nutzer werden in Afrika und Südasien online gehen, gefolgt von Europa und Nordamerika. Langfristig will ASTS das Netz vollständig in bestehende 5G-Strukturen integrieren – und so das erste echte Weltraum-Mobilfunknetz der Welt schaffen.

Fazit

AST SpaceMobile steht kurz davor, die Kommunikation grundlegend zu verändern. Statt Funkmasten auf der Erde nutzen wir bald Satelliten im All – mit denselben Geräten, die wir täglich in der Tasche tragen. Für Milliarden Menschen könnte das den Zugang zu Bildung, Sicherheit und digitaler Teilhabe ermöglichen. Ob die Technologie hält, was sie verspricht, wird sich zeigen – aber eines steht fest: Das Zeitalter des mobilen Internets bekommt bald eine neue, himmlische Dimension.

Autor: Jens

Dr. Jens Bölscher ist studierter Betriebswirt mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik. Er promovierte im Jahr 2000 zum Thema Electronic Commerce in der Versicherungswirtschaft und hat zahlreiche Bücher und Fachbeiträge veröffentlicht. Er war langjährig in verschiedenen Positionen tätig, zuletzt 14 Jahre als Geschäftsführer. Seine besonderen Interessen sind Innovationen im IT Bereich.