Während wir uns noch an die Möglichkeiten von 5G gewöhnen, arbeiten Forscher und Technologieunternehmen bereits intensiv an der nächsten Revolution der Mobilkommunikation: 6G. Diese sechste Generation der Mobilfunktechnologie verspricht nicht nur schnellere Datenübertragung, sondern eine völlig neue Dimension der digitalen Konnektivität durch Terahertz-Kommunikation.

 

Was ist 6G und wann kommt es?

Die Entwicklung von 6G ist bereits in vollem Gange, obwohl die kommerzielle Einführung erst für die 2030er Jahre geplant ist. Laut aktuellen Prognosen wird mit Beginn der 2030er Jahre die Einführung der nächsten Mobilfunkgeneration 6G erwartet. Internationale Forschungsprojekte wie das 6G SENTINEL-Projekt bereiten bereits den Boden für die sechste Generation der Mobilkommunikation vor, die voraussichtlich 2030 auf den Markt kommen wird.

Die Standardisierung von 6G erfolgt schrittweise: Von 2023 bis 2026 werden die Anforderungen gesammelt und Standards entwickelt, bevor ab 2028 die ersten Evaluierungen beginnen. Diese systematische Herangehensweise zeigt die Komplexität und das Potenzial dieser Technologie.

 

Die Terahertz-Revolution: Kommunikation mit Lichtgeschwindigkeit

Das Herzstück von 6G liegt in der Nutzung des Terahertz-Spektrums. Terahertz bedeutet zunächst einfach 1 Billion Hertz, und das Terahertz-Band für 6G-Netze reicht von 0,1 bis 10 THz. Diese Frequenzen liegen weit über den bisher genutzten Bereichen und ermöglichen völlig neue Dimensionen der Datenübertragung.

Die Terahertz-Technologie nutzt Millimeterwellen (30 bis 300 GHz) und Terahertz-Strahlung (300 bis 3.000 GHz), wodurch sich enorme Datenraten realisieren lassen. Allerdings bringt diese Technologie auch Herausforderungen mit sich: Die Wellenausbreitung dieser Frequenzen ist deutlich empfindlicher gegenüber Hindernissen als die Mikrowellenfrequenzen von 5G und Wi-Fi.

 

Deutsche Forschung an der Spitze

Deutschland spielt eine führende Rolle in der 6G-Entwicklung. Das Fraunhofer-Institut arbeitet intensiv an Terahertz-Technologien für die Industrie. Im kürzlich gestarteten Gemeinschaftsprojekt „T-KOS“ der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland wird Terahertz-Technologie erstmals synergetisch für die Industrie in den Bereichen Kommunikations- und Sensortechnik entwickelt.

Diese Forschungsanstrengungen zielen darauf ab, Deutschland als Wirtschaftsstandort langfristig zu stärken und innovative Systemlösungen für Digitalisierung und Industrie 4.0 zu schaffen. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat bereits wichtige Durchbrüche bei Terahertz-Empfängern für 6G-Wireless-Kommunikation erzielt, die für die Verbindung kleiner Funkzellen in zukünftigen Netzwerken entscheidend sind.

 

Anwendungen jenseits der Smartphone-Kommunikation

6G wird weit über traditionelle Mobilkommunikation hinausgehen. Die Technologie ermöglicht:

  1. Ultra-präzise Sensorik: Terahertz-Wellen können für hochauflösende Bildgebung und Materialanalyse genutzt werden, was revolutionäre Anwendungen in der Medizin und Qualitätskontrolle ermöglicht.
  2. Massive IoT-Vernetzung: Mit der enormen Bandbreite können Millionen von Geräten gleichzeitig vernetzt werden, was das Internet der Dinge auf eine völlig neue Ebene hebt.
  3. Holographische Kommunikation: Die Datenraten von 6G könnten echte 3D-Hologramm-Übertragungen in Echtzeit ermöglichen.
  4. Erweiterte Realität: AR und VR-Anwendungen werden durch die geringe Latenz und hohe Bandbreite nahtlos in unseren Alltag integriert.

 

Herausforderungen und Lösungsansätze

Die Terahertz-Kommunikation bringt auch technische Herausforderungen mit sich. Die hohen Frequenzen haben eine begrenzte Reichweite und werden leicht durch Gebäude, Vegetation oder sogar Regen gestört. Deshalb werden 6G-Netzwerke aus vielen kleinen Zellen bestehen müssen, die intelligent miteinander vernetzt sind.

Neue Antennentechnologien und beamforming-Verfahren werden entwickelt, um diese Hindernisse zu überwinden. Gleichzeitig arbeiten Forscher an energieeffizienten Lösungen, da Terahertz-Sender traditionell viel Energie verbrauchen.

 

Auswirkungen auf Industrie und Gesellschaft

6G verspricht einen schrittweisen, aber transformativen Sprung zu sein und das Fundament für neue Industrien, intelligentere Städte und eine digital integrierte Zukunft zu legen. Die Technologie wird Branchen wie Automobil, Gesundheitswesen, Produktion und Logistik revolutionieren.

In Deutschland könnte 6G besonders für die Automobilindustrie und Industrie 4.0-Anwendungen von Bedeutung sein. Die ultra-niedrige Latenz ermöglicht neue Formen der Mensch-Maschine-Interaktion und vollständig autonome Systeme.

 

Fazit: Die Zukunft beginnt heute

Obwohl 6G erst in den 2030er Jahren kommerziell verfügbar sein wird, beginnt die Revolution bereits heute in den Forschungslaboren. Die Terahertz-Kommunikation wird nicht nur schnellere Downloads ermöglichen, sondern eine völlig neue digitale Infrastruktur schaffen, die unser Leben, Arbeiten und unsere Gesellschaft grundlegend verändern wird.

Für Unternehmen ist es bereits heute wichtig, die Entwicklungen im Blick zu behalten und sich auf die kommenden Möglichkeiten vorzubereiten. Die nächste digitale Revolution steht vor der Tür – und sie wird alles verändern, was wir über Kommunikation und Konnektivität zu wissen glauben.

Autor: Jens

Dr. Jens Bölscher ist studierter Betriebswirt mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik. Er promovierte im Jahr 2000 zum Thema Electronic Commerce in der Versicherungswirtschaft und hat zahlreiche Bücher und Fachbeiträge veröffentlicht. Er war langjährig in verschiedenen Positionen tätig, zuletzt 14 Jahre als Geschäftsführer. Seine besonderen Interessen sind Innovationen im IT Bereich.